Das Flüchtlingsdrama an der Grenze der EU zu Belarus ist nur schwer zu ertragen. Dass der belarussische Präsident die Flüchtlinge einsetzt, um gegen die Sanktionen der EU vorzugehen, ist beschämend genug. Allerdings kennen wir ähnliches auch von der türkischen Regierung. Dass allerdings die EU, die ansonsten bei jeder Gelegenheit die Bedeutung von Humanität und Menschenrechten hochleben läßt, diese Menschen an der polnischen Grenze ihrem Schicksal überläßt, macht einen wütend.
Medien und Politiker werfen in dieser Situation immer wieder mit Kriegsvokabeln um sich, angesichts frierender und hungernder Menschen wird von der Notwendigkeit der Sicherung der Grenzen gesprochen und Polen will jetzt das Ganze noch zu einem NATO-Fall machen. An der belarussisch/polnischen Grenze marschiert Militär auf. Die EU stellt sich ein Armutszeugnis aus.
Dass die diplomatischen Ansätze, durch Telefonate von Merkel und Macron mit Putin und Lukaschenko die Lage zu entspannen, von verschiedener Seite in Deutschland scharf kritisiert werden, zeigt, dass einige politische Kräfte bei uns an einer Lösung oder an der Hilfe für die Menschen nicht interessiert sind. Auch die Tatsache, dass führende Poltiker der Ampel-Koalition die polnische Grenzschließung ausdrücklich unterstützen (Scholz und von Lambsdorf) und die Telefonate Merkels als verheerend bezeichnen (Nouripour), läßt für die zukünftige Außen- und Flüchtlingspolitik Deutschlands schwarz sehen.
Die Menschen, die dort an der Grenze ausharren, sind aus Krieg- und Krisengebieten geflohen. Unter ihnen viele Kurden und Jesiden. Jesiden, deren Schicksal man angesicht der Überfalls des IS vor wenigen Jahren noch beklagt hat, jetzt sind sie nur noch unbequeme Störer. Und dass die Türkei mit Waffen auch aus Deutschland die Kurden im Nordirak und Nordsyrien angreift, wird auch lieber unter den Teppich gekehrt.
Flüchtlingsorganisationen wie Pro Asyl forden die Aufnahme der Flüchtlinge durch die EU.
… darauf folgt ein erbarmungsloses Handeln, das die Not der Menschen und ihre zum Teil durchaus legitimen Gründe, in die EU zu kommen, außer Acht lässt. Darunter sind Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen. Sie haben ein Recht auf Schutz und Asyl in der EU.
PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt, 15.11.21
Hier kann jetzt die Ampel-Koalition zeigen, dass sie beim Thema Migration eine andere Politik will. Zahlreiche Städte auch in NRW haben in den letzten Monaten ihre Bereitschaft erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Man muss sie nur ins Land lassen. Die Zeit drängt!
Die »M-Waffe« an Polens Ostgrenze, Neues Deutschland, 18.11.21