Zum Rücktritt von Marineinspekteur Vizeadmiral Schönbach
Ein Vizeadmiral der Marine spricht die Wahrheit aus und bekommt einen medialen Shitstorm, dem er sich mit einem Rücktrittgesuch unterwirft. Der Shitstorm bezieht sich aber nicht auf seine Position, Russland als Bündnispartner gegen China gewinnen zu wollen, sondern allein wegen seiner Nichtbeteiligung an der allgemeinen Verteufelung Russlands. Zwar gilt hierzulande, der Soldat sei ein Bürger in Uniform, für den Grundrechte gelten, und dass er letztlich seinem Gewissen als höchster Entscheidungsinstanz folgen müsse.
Dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, verbürgt im Artikel 5 GG, sind wohl durch das Soldatengesetz im §15 Grenzen gesetzt. Darin heißt es, „der Soldat“ darf sich im Dienst nicht zu Gunsten einer politischen Richtung betätigen.
War es schon eine politische Richtung, in die Vizeadmiral Schönbach mit seiner Einschätzung, die Vorstellung, Russland wolle die Ukraine überfallen sei Nonsense, die Krim sei unwiederbringlich für Kiew verloren, und auch Putin sei Respekt zu zollen sich betätigt hat?
Stehen die Äußerungen, die der Marineinspekteur in Indien gemacht hat, der hiesigen Generalmobilmachung gegen Russland so gefährlich im Weg, dass Schönbach seinem Jobverlust nur durch Rücktritt zuvorkommen konnte?
Zur Erinnerung: In beiden Weltkriegen wurde Russland von Deutschen Truppen überfallen, nicht umgekehrt; beim 2+4-Vertrag im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung war Russland zugesagt worden, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen, also auch nicht nach Polen, Tschechien und Ungarn (Mitglieder seit 1999), oder nach Bulgarien, Rumänien und in die Baltischen Staaten (seit 2004 in der NATO).
Im Herbst 2021 fanden in der Ukraine Militärmanöver der NATO mit ca 6000 Soldaten statt. Im Juni 2021 probten 5000 Soldaten der NATO und deren Verbündeten am Schwarzen Meer im Rahmen eines Manövers namens SeaBreeze. Im April 2021 begann das NATO-Großmanöver defender21 mit 28.000 Soldaten im Südosten von Europa, und mit dem ein Jahr vorher begonnenen defender20 sollte das größte Militärmanöver der NATO seit 25 Jahren eine Truppenverlegung im Großen Stil an die Russische Grenze proben. Nur wegen Corona fanden diese Planungen seinerzeit nicht im geplanten Umfang statt. So relativiert sich der berechtigte Unmut über die russischen grenznahen Manöver.
Nebst diesen Provokationen gegen Russland wird die Ukraine derzeit hochgerüstet. Die USA kennt keine Beschränkungen für Waffenlieferungen, anders als die Bundesrepublik Deutschland und lieferte bereits tonnenweise Rüstungsgüter. Hierzulande heißt es im Kriegswaffenkontrollgesetz, dass die Genehmigung einer Lieferung zu versagen ist, wenn „die Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem Angriffskrieg, verwendet werden“. Die Ampel-Parteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Export von Rüstungsgütern restriktiver zu gestalten. Das geplante neue Gesetz solle eine „restriktive und klare“ Grundlage für die Ausfuhrentscheidungen schaffen.
Bis dahin gelten die politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern: „Einwendungen gegen die Verwendung deutscher Zulieferungen werden in der Regel nach Befassung des Bundessicherheitsrates z.B. geltend gemacht bei Exporten in Länder, in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden.“
Genau das ist hier der Fall. Möge Deutschland eine deeskalierende Funktion in diesem Konflikt einnehmen und sich nicht drängen lassen, Öl ins Feuer gießen.